Alles custom oder was?

Eher was motorradtechnisches, sozusagen, irgendwie auch ganz allgemein. Und weils mir ein bisschen auf die Nüsse geht, muss das jetzt mal raus: es ist ja leider sagenhaft in Mode gekommen, das Custom Bike Ding (was immer das auch sein soll, bzw. was manche Leute dafür halten), Kustom Kulture oder wie man’s nennen will, was einerseits nett ist: auf einmal ist viel Zubehör erhältlich und viele schöne Bikes unterwegs, Klamotten , Events und hastenichtgesehn en masse. Andererseits: kriegt euch wieder ein! Weil man an einem (grundsätzlich gut funktionierenden, weil genau geplanten) Motorrad alles abschraubt, was einem (oder anderen) nicht gefällt und dranschraubt, was man (oder andere) meint zu brauchen (ja, ich mag offene Luftfilter auch, rein optisch, aber technisch ist das meistens Quatsch, außer du fährst Rennen!), ist man noch kein Schraubergott oder Tüftelgenie oder gar irgendwie sagenhaft individuell, besonders und einzigartig. das haben bestimmte Leute schon immer gemacht, there is simply nothing new in it! Und man braucht sich nicht wirklich zu wundern, wenn die Karre dann zickt! Und unbequem sitzen, nur weils geil aufm Instagrambild ausschaut? Come on, gimme a break!

Vollbart, Flanellhemd und steinharte Jeans (was per se nichts schlechtes ist, ich seh ja selber genauso aus) sind halt genauso Uniform wie alles schwarz oder die 80er Jahre Röhren Jeans plus Cowboystiefel waren (been there, done that), Punk goes commercial pretty fast, und weil die Industrie das längst verstanden hat, geht das heute schneller, als du am Gasgriff drehen kannst. By the way: 1000 Öcken für ne Lederjacke, die aussieht wie 1980? Gehts noch? Und bitte: es geht doch um nix, ausser Spaß, Mopedfahren und der Gänsehaut, wenn die Kiste knapp um die Kurve röhrt und berg runter fett patscht. Mehr nicht, echt, nix fucking one and only life style, nix far away from the mass, schon gar nicht ist der Moppedfahrer der bessere, lässigere oder auch nur naturnähere Mensch. By the way: am Lagerfeuer sitzen wird ziemlich überschätzt, macht sich aber gut in YouTube Movies. Die Deppendichte ist bei Bikern mindestens so hoch wie im allgemeinen Durchschnitt, eventuell sogar höher und das wird durch den momentanen Zuwachs an Followern speziell aus dem Bereich Hipster (= Vollbart, muss aber in der Kneipe seinen Ausweis vorzeigen, damit er Bier kriegt) nicht gerade positiv beeinflusst.

Ob du dich mit der Warnweste oder im Ganzkörperlederkondom wohlfühlst oder ein Navi brauchst, um in den nächsten Ort zu finden, ist sowas von egal! Klapphelm und Bordfunk muss man nicht mögen, aber genau genommen, ist das einfach eine zwangsläufige Entwicklung, so wie Einspritzung Vergaser ersetzt. Und technisch schon clever ausgetüftelt, wobei die Innovation von heute der Klassiker von morgen ist (Als die CB 750K Four von Honda 1968 rauskam, gabs eine nicht ganz kleine Fraktion, die davon überzeugt war, dass das Ende des „echten“ Motorrads damit eingeläutet würde, Vier Zylinder, wo soll das enden?)

Gottseidank haben Hypes wie dieser auch nur noch sehr kurze Halbwertzeiten und wahrscheinlich ist in einem Jahr von der ganzen Hysterie nur noch das übrig, was vorher da war: ein paar Typen (und Mädels) mit öligen Fingern und irgendeinem Krawallgerät in der Garage, das sie nachts durch ihre Träume begleitet. Eventuell netter Nebeneffekt: es gibt dann sicher ein paar günstige Kisten zu kaufen……….es gibt jetzt schon massenhaft angefangene Projekte in jeder Zustandsform und zu jedem (irre hohen) Preis, denn in der Theorie ist das ja alles kein Thema, bisschen rumschrauben und so, irgendein Youtube Video oder einen mehr oder weniger qualifizierten Forumsbeitrag gibts ja immer, in der Praxis aber was für Leute, die sich gern verbeissen und es lieben, sich mit Unmengen von Detailproblemen auseinander zu setzen. Very special! Und leicht zu unterschätzen….checkt die einschlägigen Foren und wundert euch!

Dann ist auch wieder Schluss mit all den schicken Magazinen . Dazu der Lesetipp zum Abtörnen: Craftrad (der Name alleine, diese zwanghaft lässige Schreibweise, my ass, da krieg ich Ausschlag! Bei dem Meeting, bei dem die Entscheidung für den Namen gefallen ist, wär ich zu gern dabei gewesen….), das Konzept und das Magazin steht so ziemlich für alles, was mich nervt: teuer Kram, den keiner wirklich braucht (obwohl „nice to have“), Trips, die sich keiner leisten kann oder will und ne Form von Romantik, die es so gar nicht gibt, das Ganze dabei komplett ironiefrei! Die letzte Nummer hat so eine Art Rost oder Sand auf dem Einband, ist das jetzt Kunst oder kann das einfach weg? Gleiches gilt ähnlich für Fuel, Road und wie sie alle heissen. Dagegen ist die Custombike ja schon herrlich altbacken und erfrischend unaufgeregt und irgendwie echt konservativ, quasi die FAZ unter den Motorradzeitschriften, bitte bleibt so!

Nicht falsch verstehen, ich find’s auch geil, und mich freut die Aufmerksamkeit, die das ganze hervorruft (naja, zumindest solange, bis man in Glemseck im Stau steht oder die Preise für manche Bikes, bzw. Umbauten mitkriegt), aber die RNineT oder die (neue) Ducati Scrambler oder die neuen „alten“ Triumphs (was für ein schönes Motorrad! Und nicht nur, weil ich selber eine hab) versuchen etwas zu beschwören, dass es so eigentlich nicht gibt oder gab. Tolle Motorräder, technisch ausgeklügelt und fantastisch zu fahren. Ende. Und mehr sind auch die alten Kisten nicht: waren zu ihrer Zeit genauso top state of the art, und eben geil zu fahren. That’s all! Und das ganze Rumtrompeten von wegen So und So muss das sein, Cafe racer, Scrambler, Bobber, Chopper, what so ever, vergiss es! Und mal ehrlich: die ersten solchen Bikes sind aus reiner Notwendigkeit, Geldmangel und/oder Verrücktheit entstanden, waren scheisse zu fahren und technisch absolut unterbelichtet.  Am Ende bleibt: mach was du willst, machs einfach und lass dich nicht beirren. Lass es machen oder machs selbst, who fucking cares? In the end it’s not about the bike, it’s about the rider!